Ein Arzt muss bei der Auswertung eines Befundes sämtliche Auffälligkeiten erkennen, die er mit seinen fachlich vorausgesetzten Kenntnissen feststellen kann (Bundesgerichtshof, Az. VI ZR 284/09 - 21. Dezember 2010).
Im konkreten Fall hatte ein Anästhesist in Vorbereitung einer Knie-Operation ein Röntgenbild der Lunge veranlasst und bei dessen Ansicht sorgfaltswidrig eine ca. 2 Bildzentimeter durchmessende Verdichtungszone nicht bemerkt. Die Knie-Operation wurde erfolgreich durchgeführt. Die Patientin verstarb jedoch drei Jahre später an einem zu spät entdeckten Lungenkarzinom.
Den Einwand des Anästhesisten, er habe die Röntgenaufnahme lediglich auf anästhesierelevante Besonderheiten auswerten müssen, ließ der Bundesgerichtshof nicht gelten. Das Gericht stellte klar, dass ein Arzt vor für ihn erkennbaren "Zufallsbefunden" nicht die Augen verschließen darf.
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