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Höhere Schmerzensgelder bei Querschnittslähmung

Querschnittslähmung nach Behandlungsfehler oder Unfall - Frau im Rollstuhl

Eine Querschnittslähmung führt je nach Schweregrad häufig zum völligen Verlust der körperlichen Selbstständigkeit. Das Leben des Betroffenen wird in seinen Grundfesten erschüttert. Alle Lebensentwürfe und Zukunftsträume gehören zunächst einmal der Vergangenheit an. Neben den erheblichen körperlichen Einschränkungen führt die neue Lebenssituation zu erheblichen psychischen Belastungen.

Wurde die Querschnittslähmung durch die Handlung eines anderen herbeigeführt, stehen Gerichte häufig vor der nahezu unlösbaren Aufgabe, hierfür einen angemessenen finanziellen Ausgleich finden zu müssen. Jüngste Entscheidungen zeigen: Die sonst eher zurückhaltenden deutschen Gerichte tendieren in diesem Bereich zu immer höheren Schmerzensgeldern.

OLG München: 500.000 € Schmerzensgeld für Querschnittslähmung infolge eines Arztfehlers

In der jüngsten Entscheidung erlitt die junge Geschädigte aufgrund postoperativer Komplikationen infolge einer Rücken-OP eine Querschnittslähmung. Das OLG München sprach ihr mit Urteil vom 23. Januar 2020 ein Schmerzensgeld von 500.000 € zu.

Die junge Frau hatte sich im Jahre 2008 aufgrund einer Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose) am Rücken operieren lassen. Die Operation verlief zunächst wie geplant, in der Folge kam es jedoch zu Komplikationen. Sie erlitt einen Kreislaufzusammenbruch. Ein daraufhin eingeführter Katheter landete dann anstatt in der Vene, im Spinalkanal, was den Ärzten zunächst nicht einmal auffiel.

Am nächsten Morgen konnte die Geschädigte ihre Beine nicht mehr bewegen. Seither ist sie vom 4. Halswirbel an gelähmt.

Die Klägerin habe ihr Geh- und Stehvermögen vollständig eingebüßt und auch die Beweglichkeit der Arme und Hände sei stark eingeschränkt

Aufgrund einer Kette mehrerer Fehler im Behandlungsverlauf stellte das Gericht in der Summe einen groben Behandlungsfehler fest und erachtete aufgrund der massiven körperlichen Einschränkungen der Klägerin ein Schmerzensgeld von 500.000 € für angemessen.

LG Frankenthal: 400.000 € für querschnittsgelähmtes Unfallopfer

In einem weiteren Fall sprach das Landgericht Frankenthal einem querschnittsgelähmten Verkehrsunfallopfer mit Urteil vom 10. Januar 2020 (Az.: 4 O 494/15) ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 € zu. Der Geschädigte war als Beifahrer im Fahrzeug eines betrunkenen Fahrers so schwer verletzt worden, dass sich in der Folge eine Querschnittslähmung entwickelte.

Psychische Leiden und Leben im Pflegeheim rechtfertigen Höhe des Schmerzensgeldes

Die schweren Unfallverletzungen zwangen den Kläger schließlich ins Pflegeheim und führten zu erheblichen psychischen Folgen, weshalb das Gericht ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 € für angemessen hielt.

OLG Hamm: 400.000 € Schmerzensgeld für Querschnittslähmung nach grob fehlerhafter HWS-Operation

Das OLG Hamm hielt ein Schmerzensgeld in Höhe von 400.000 € für eine – ebenfalls durch Behandlungsfehler verursachte - Querschnittslähmung ab dem 3. Halswirbel für angemessen. Aufgrund jahrelanger Rückenschmerzen rieten die Ärzte der Geschädigten zu einer Bandscheibenprothese und der Versteifung mehrerer Wirbel. Unmittelbar nach der Operation litt die Geschädigte an zunehmender Schwäche der Extremitäten.

Eine Revisionsoperation konnte die Entwicklung der Querschnittslähmung nicht vermeiden. Seither ist die Geschädigte stetig auf fremde Hilfe und einen Rollstuhl angewiesen. Das Gericht stellte fest, dass die Operation kontraindiziert und auch noch fehlerhaft durchgeführt worden war. Die schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen der Klägerin rechtfertigten die Höhe des Schmerzensgeldes.

OLG Celle: 500.000 € Schmerzensgeld für Hinterbliebene

Ein ebenso interessanter wie tragischer Sachverhalt liegt dem Beschluss des OLG Celle vom 10. August 2019 (Az.: 1 U 71/17) zugrunde, mit dem das Gericht den Hinterbliebenen eines 50-jährigen Mannes 500.000 € Schmerzensgeld zusprach.

Wegen akuter Rückenschmerzen hatte der Verstorbene von seinem Hausarzt innerhalb einer Woche viermal die Päparate Solu-Decortin und Diclofenac gleichzeitig in die Gesäßmuskulatur injiziert bekommen. Nach der vierten Spritze erlitt dieser einen schweren septischen Schock in dessen Folge sein Körper weitgehend gelähmt war. Ursache des septischen Schocks war - wie sich später herausstellte – ein sog. Spritzenabszess.

Es schloss sich ein mehr als ein Jahr andauernder Leidensprozess an, während dessen der Verstorbene künstlich beatmet werden musste und gelähmt blieb. Schließlich wählte der Patient den ärztlich begleiteten Freitod. Der Verstorbene war verheiratet und hinterließ drei minderjährige Kinder.

Extremes Leiden des Patienten rechtfertigt Höhe des Schmerzensgeldes

Die gegen das erstinstanzliche Urteil von dem Hausarzt eingelegte Berufung blieb ohne Erfolg. Die Entscheidung des LG sei sowohl hinsichtlich Grund als auch Schmerzensgeldhöhe rechtsfehlerfrei. Insbesondere müssten in der Schmerzensgeldhöhe die extremen Leiden des Verstorbenen berücksichtigt werden, der sich seiner Beeinträchtigungen bewusst gewesen sei und deshalb in besonders hohem Maße gelitten habe. Laut des Gerichts sei auch unerheblich, dass der Leidensweg des Verstorbenen „nur“ ein Jahr angedauert hatte, denn dieser habe seinen Freitod nur gewählt, um sein Leiden zu beenden.

Dies ist ebenso interessant wie einleuchtend: Denn die hohen Schmerzensgeldbeträge rechtfertigen sich vordergründig durch die mit der Querschnittslähmung verbundene lebenslange massive Beeinträchtigung. Dass der Betroffene sich hier allerdings aufgrund seines massiven Leidens für den Tod entschied, muss als besondere Härte berücksichtigt werden.

Schmerzensgelder deutlich erhöht

Die Entscheidungen zeigen, dass sich die von den Gerichten ausgesprochenen Schmerzensgelder in den vergangenen Jahrzehnten deutlich erhöht haben. Wurden beispielsweise für eine Querschnittslähmung ab dem 6. Halswirbel bei Intensivpflege im Jahre 1998 (LG Konstanz, 31.07.1998 – Az.: 2 O 155/98) umgerechnet ca. 250.000 € zugesprochen, bekommen Klagende heutzutage für vergleichbare Verletzungen und Schädigungen in der Regel das Doppelte zugesprochen. Von amerikanischen Verhältnissen bleiben wir dennoch weit entfernt.

Zum Thema Querschnittslähmung sehen Sie auch: https://www.ra-laux.de/anwalt-medizinrecht/leistungen-bei-querschnittslaehmung/

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