Startseite › Sind 200.000 Euro Schmerzensgeld für einen Hirnschaden genug?
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen. Ein Patient erhält 200.000 Euro Schmerzensgeld für einen Hirnschaden nach einem OP-Fehler.
Auch wenn es sich dabei um eine hohe Summe handelt, sind unsere Patientenanwälte der festen Überzeugung: Dem Patienten müsste ein deutlich höheres Schmerzensgeld zustehen. Er hat schließlich Verletzungen erlitten, welche Ihn in seinem Leben immens beeinträchtigen.
Operationen sind stets mit Risiken verbunden. Dies war auch einem Patienten klar, als er sich wegen Atmungsbeschwerden in einer Belegklinik operieren ließ. Bei der OP kam es zu schweren Komplikationen. Seine Schädelbasis wurde so verletzt, dass der Patient u.a. sein Gedächtnis verlor, seither keinen Orientierungssinn besitzt und sich im Alltag nicht weiter konzentrieren kann.
Konkret: Der Arzt hatte die Schädelbasis des Klägers im Bereich des Siebbeines verletzt und dabei einen knöchernen Defekt von ein mal zwei Zentimetern sowie eine Gewebeverdrängung mit Blutung bis in die Hirnventrikel an einer Stelle verursacht.
Nach Auskunft eines Gutachters hatte der Arzt in diesem Bereich des Kopfes „nichts zu suchen“. Der Gutachter hat die durchgeführte medizinische Behandlung als "groben Behandlungsfehler" eingestuft und dies nachvollziehbar begründet.
Das OLG Köln hat den Arzt zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 Euro verurteilt.
Grund: Der Kläger ist heute in nahezu allen Bereichen des privaten Alltags maßgeblich eingeschränkt. Das Gericht geht dabei von einem groben Behandlungsfehler des Arztes aus.
Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt gegen Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstößt und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint. So auch im Fall des Patienten hier. Der Patient erlitt eine dauerhafte Persönlichkeitsveränderung mit der Folge, dass er in nahezu allen Lebensbereichen wesentlich eingeschränkt ist.
Menschen, die erhebliche Verletzungen bei einer Operation erleiden, haben einen Anspruch auf hohe Schmerzensgelder. Dabei ist klar: Keine Summe kann den Verlust an Lebensqualität aufwiegen. Allerdings ist selbstverständlich, dass Betroffene auf Unterstützung angewiesen sind.
Wir sind überzeugt: In einem so schweren Fall sind 200.000 Euro nicht ausreichend. Der Patient hat erheblichste Schäden erlitten. Diese beeinträchtigen nicht nur ihn, sondern sein gesamtes Umfeld. Darüber hinaus wird der Patient nie wieder arbeiten können und dauerhaft auf finanzielle Unterstützung angewiesen sein.
Wichtig ist, dass Patienten in vergleichbaren Fällen kundig und durchsetzungsstark vertreten werden.
Haben Sie Fragen zu dem Urteil? Sprechen Sie uns an.
OLG Köln, Urteil vom 13. April 2016, Az.: 5 U 107/15
Redaktion Medizinrecht
Rechtsanwalt Joachim Laux: Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht. Gründer und Partner der Kanzlei Laux Rechtsanwälte, Berlin. Spezialisiert auf Behandlungsfehler, Ärztepfusch, Schadensrecht bei schweren und schwersten Unfällen sowie Zahlungs-/Leistungsverweigerungen von Versicherungen. Bekannt aus zahlreichen TV-Interviews. Kontakt aufnehmen