Startseite › Das Debeka-Debakel mit der BU-Versicherung
Die Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Debeka - Das beschauliche Koblenz an der Mündung der Mosel in den Rhein am Deutschen Eck ist Unternehmenssitz der Debeka-Gruppe mit einigen Versicherungsunternehmen, ...
Allzu positiv wird das Geschäftsgebaren der Debeka allerdings nicht wahrgenommen: Im jährlichen BU-Unternehmensrating hat beispielsweise die Franke und Bornberg GmbH die Professionalität von Lebensversicherungsgesellschaften in Bezug auf das Risiko der Berufsunfähigkeit getestet. Als Testsieger des BU-Ratings 2015 von Franke und Bornberg listete man hiernach die AachenMünchener, gefolgt von Ergo, dann HDI, weiter Nürnberger, Stuttgarter, Swiss Life und Zurich Deutscher Herold, nicht jedoch die Debeka.
Unzufriedene Versicherungskunden hatten bis zum Jahr 2008 stets vor dem LG Koblenz zu klagen, Berufungen landeten dann immer beim OLG Koblenz. Seit einer segensreichen gesetzlichen Neuregelung dürfen Versicherungskunden in Deutschland nun wählen, ob sie entweder beim Gericht am Firmensitz der Versicherung oder am eigenen Wohnortgericht Klage erheben.
Aus diesem Grund muss sich die Debeka seit einigen Jahren zunehmend mit den Gerichtsentscheidungen anderer Land- und Oberlandesgerichte auseinandersetzen.
Der urgemütlich kokonartige Zustand absehbarer und gut kalkulierbarer Prozessverläufe in Koblenz gehörte mit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes VVG der Vergangenheit an. Nun heißt es für die Sachbearbeiter und Rechtsanwälte der Debeka oft: Andere Gerichte, andere Sitten. Denjenigen Versicherungskunden der Debeka, welche im Gerichtsbezirk des LG Koblenz wohnen, bleibt jedoch nach wie vor nichts anderes übrig, als dort in Koblenz Klage und Rechtsmittel zu prozessieren.
Aus Koblenz kommen im Versicherungsrecht Gerichtsentscheidungen zu Lasten der Versicherten, welche dann wiederum bei "anlehnungsbedürftigen" Land- und Oberlandesgerichten in anderen Bundesländern Argumente und Steilvorlagen für deren Klageabweisungen bieten.
So verhielt es sich auch im Fall einer seit 2011 durchgehend arbeitsunfähigen Versicherten, nennen wir sie Frau K. Zu Beginn ihrer Erkrankung im Jahr 2011 wussten weder Frau K. und ihre Ärzte, noch die Deutsche Rentenversicherung DRV, wohin die Reise gehen würde. Die Ärztin von Frau K. hatte ein ausgeklügeltes Therapiekonzept erstellt und rechnete gemeinsam mit ihrer Patientin fest damit, dass bei Frau K. im Jahr 2012 mit Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu rechnen sei.
Die arbeitswillige und sehr anstrengungsbereite Frau K. vertraute auf diesen Therapieplan und auf die gute Prognose der Ärztin und wollte keinesfalls ein verfrühtes Rentnerdasein fristen. Die DRV überprüfte - natürlich in der ihr eigenen zeitfressenden Behäbigkeit - ob für Frau K. entweder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben fließen sollten oder ob vielleicht doch eine Dauerrente wegen Erwerbsunfähigkeit zu erbringen sei.
Zwei lange Jahre nach Erkrankung der Frau K., also erst im Jahr 2014, entschied die DRV nach langen Aktengefechten und amtsärztlichem Untersuchungswirrwarr endlich, dass bei Frau K. volle Erwerbsunfähigkeit vorliege und Teilhabeleistungen der DRV nicht als sinnvoll erachtet werden, weil Frau K. einfach zu krank sei.
Was sollte Frau K. nun tun? Obwohl sie allzu gern weitergearbeitet hätte, zeigte sie sich einsichtig, gab ihre Pläne zur Teilhabe am Arbeitsleben auf und bezog die gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente, welche ihr die DRV faktisch aufgedrängt hatte. So weit, so gut.
Frau K. informierte nun umgehend die Debeka. Dort hatte sie vor vielen Jahren und für den Fall der Fälle eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit monatlichen Rentenzahlungen abgeschlossen. Die Debeka musste die starken gesundheitlichen Einschränkungen der Frührentnerin akzeptieren und die monatliche Berufsunfähigkeitsrente zusagen. Allerdings vollführte die Debeka nun einen perfiden Schachzug:
Sie zahlte die BU-Renten erst für den Zeitraum ab Mai 2014 und nicht etwa, wie bei gesundem Menschenverstand vermutet werden könnte und wie es sich Frau K. auch erhoffte, seit Beginn der Erkrankung im Jahr 2011. Somit bleiben BU-Renten für mehr als drei Jahre auf der Strecke. Ein harter Verlust für Frau K., die über Jahre kein Arbeitseinkommen hatte, eine lohnende Ersparnis hingegen für die Debeka.
Die Debeka argumentierte mit den unübersichtlichen Klauseln aus den Vertragsbedingungen und begründete ihr hartherziges Vorgehen mit folgenden zweifelhaften Argumenten:
Frau K. habe die Berufsunfähigkeit schuldhaft erst im Frühjahr 2014, mithin (viel) später als drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit im Jahr 2011 mitgeteilt. Bei einer derartigen schuldhaften Versäumnis der Frau K. entstehe der Rentenanspruch erst im Monat der Mitteilung Mai 2014 und nicht etwa schon im Jahr 2011.
Egal was die Ärztin Frau K. erzählt habe, egal wie lange die DRV bis zum Rentenbescheid gebraucht habe, Frau K. sei Schuld daran, hier nach sechs Monaten Krankheit nicht innerhalb von drei weiteren Monaten die Berufsunfähigkeit bei der Debeka gemeldet zu haben.
Also seien aus Sicht der Debeka auch keine Renten für die Jahre 2011, 2012 und 2013 zu zahlen und für Frau K. heißt es: Die BU-Versicherung zahlt nicht.
"Schuldhaftes Versäumen der dreimonatigen Anzeigepflicht" - das ist ein harter und folgenreicher Vorwurf, denn Frau K. hat sich auf die Einschätzung ihrer Ärzte und auf das laufende Rentenantragsverfahren bei der DRV verlassen. Sie wollte nicht voreilig eine Berufsunfähigkeit bei der Debeka melden. Nun soll sie abgestraft werden und auf einige tausend Euro Berufsunfähigkeitsrenten verzichten müssen.
Tipp vom Fachanwalt für Versicherungsrecht bezüglich der Meldung anstehender Berufsunfähigkeit bei der BU-Versicherung:
Wir halten die Entscheidung für falsch, empfehlen unseren berufsunfähigen Mandanten wegen der drohenden Verjährung von drei Jahren jedoch immer, der Berufsunfähigkeitsversicherung massive gesundheitliche Probleme mit beruflichen Folgen am besten schon nach einigen Monaten Krankheit mitzuteilen.
Frau K. hat mit Ihrem Rechtsanwalt gegen das Urteil des LG Koblenz Berufung beim OLG Koblenz eingelegt, das OLG Koblenz hat die Berufung aber erwartungsgemäß zurückgewiesen. Der Prozess verließ nun endlich den Gerichtsbezirk Koblenz und wanderte zielstrebig zur letzten Instanz nach Karlsruhe, dort ist die Revision von Frau K. beim Bundesgerichtshof BGH anhängig.
Der BGH wird also darüber zu entscheiden haben, ob das hoffnungsvolle Abwarten der Frau K. dazu führen darf, dass sie von der Debeka mit BU-Rentenkürzungen bestraft werden darf oder ob die Debeka die Renten für die Jahre 2011 bis 2013 an Frau K. nachzahlen muss.
Redaktion Versicherungsrecht
Rechtsanwältin Almuth Arend-Boellert: Fachanwältin für Versicherungsrecht und Medizinrecht. Die "Geheimwaffe" für Mandanten, wenn private Unfall- oder Krankenversicherungen Zahlungen oder Leistungen verweigern. Zudem ist sie spezialisiert auf Schadensrecht bei Personenschäden. Wenn es um die Anerkennung von Berufsunfähigkeiten durch die private Berufsunfähigkeitsversicherer geht, wird sie ebenfalls zur leidenschaftlichen Kämpferin. Kontakt aufnehmen